Klein + flexibel = agil? – Wie Handwerksbetriebe ihre Vorteile besser nutze können

Fast 80% der handwerklichen Unternehmen in Deutschland zählen laut des statistischen Bundesamts zu den Kleinstunternehmen und haben weniger als 9 Mitarbeiter. Weitere gut 17% machen mit maximal 49 Mitarbeitern bis zu 10 Millionen EUR Umsatz. Mit diesen Strukturen bewegen sich die Handwerker in der perfekten Größenordnung für agile Teams. Meist kennt noch jeder jeden, der Weg zum Chef ist kurz. Die Angestellten haben direkten Kundenkontakt und durch die handwerkliche Tätigkeit ist die Sinnhaftigkeit der Arbeit meist im wahrsten Sinne des Wortes auf der Hand liegend. In großen Unternehmen sind das u.a. einige der wesentlichen Stellschrauben, an denen gedreht wird, um Agilität einzuführen.

Sind die Handwerker in Deutschland daher die eigentlich agilen Unternehmen? Sie könnten es sein.

Doch an anderen Stellen bremsen sie sich häufig aus. Insbesondere in Fragen der Führung, der Prozessgestaltung und der Arbeitsverteilung haben sich – meist aus historisch berechtigten Gründen – Strukturen so etabliert, dass vorhandenes Potential ungenutzt bleibt.

Der Chef ist Inhaber und nicht selten der einzige Meister im Betrieb. Er ist Wissensträger, Schlüssel zum Kunden, verantwortet das wirtschaftliche Wohl und Wehe des Unternehmens. Verantwortung unter diesen Umständen aus der Hand zu geben und die Teams zu mehr Selbstorganisation zu führen, fällt da verständlicherweise eher schwer. Gleichzeitig bringt das häufig sowohl einen dauerhaft überladenen Schreibtisch und ein hohes Ausfallrisiko. Ist der Chef krank, bleibt entsprechend viel liegen.

Wie kann die Brücke zwischen diesen scheinbar widersprüchlichen Beobachtungen geschlagen werden?

Die Antwort ist eine Mischung aus Digitalisierung, Reorganisation der Prozesse und begleitendes Teambuilding. Indem Handwerksbetriebe ihre Prozesse so digitalisieren, dass Routineabläufe automatisiert laufen, können einfache Fragestellungen unkompliziert und selbstständig vom Team gelöst werden. Algorithmen übernehmen die Prüfaufgabe und entlasten den Chef. Dieser kann sich mehr um die komplizierten oder komplexen Fälle kümmern, die nur mit menschlicher Interaktion und direkter Kommunikation gelöst werden können. Wird diese Umstellung noch durch weiterbildende Maßnahmen begleitet, können auch die Teammitglieder Stück für Stück immer weiter innerhalb sinnvoller Verantwortungsrahmen und entsprechend der wachsenden Kompetenzen selbstorganisiert Aufgaben übernehmen. Innerhalb einer solchen Dynamik entdecken Chef und Mitarbeiter häufig völlig neue Tätigkeitsfelder und Neigungen der Beteiligten. Das steigert in der Regel die Zufriedenheit und Bindung der Mitarbeiter und letztendlich die Qualität der Arbeit für den Kunden.